Dienstag, 13. August 2013

Peru – eine andere Welt



Was fällt euch ein, wenn ihr an Peru denkt? Anden, Inkas, Machu Picchu, Panflötenmusik, Titicacasee, Lamas und Alpakas, Meerschweinchen zum Abendessen? ;-)  



Peru ist viermal so groß wie Deutschland, hat aber nur 28 Mio. Einwohner. Man kann also schon erahnen, wie viel Natur Einen hier erwartet. Das Land bietet drei unterschiedliche Landschaftsräume: die Küste (Costa), Andenhochland (Sierra) und das Amazonastiefland (Selva). Aber nun zu unserer Geschichte…


Oase Huacachina – ab in die Wüste


Nach unserer Nacht am Flughafen Santiago sind wir gut in Lima gelandet. Nur entsprechend müde waren wir. Mehr zu Lima gibt´s übrigens im nächsten Post, denn es geht zum Schluss der Perureise nochmal in die Hauptstadt. Also war unser erster Stopp die Oase Huacachina. Sie liegt gute 300 km südlich von Lima und ist von riesigen Sanddünen umgeben. Ein bezaubernd schöner Ort. Hier schaltet man automatisch ein paar Gänge runter, eine Oase eben zum Entspannen. Oder Auskurieren, denn - Überraschung - Anett hatte es mit einer fiesen Bronchitis erwischt. Aber zum Glück noch nicht zu ihrem Geburtstag. So konnten wir lecker Essen gehen und zum Sonnenuntergang auf eine hohe Sanddüne kraxeln. Hier hätte man stundenlang sitzen können. Wir haben die Aussicht über die Wüste genossen und die Sandboarder beobachtet, die sich mit hohem Tempo von den Dünen-Abhängen in die Tiefe stürzten. Doch nachts wird es hier richtig kalt. Tagsüber kann man im Bikini am Pool liegen und nachts weiß man nicht, was man noch anziehen soll. Aufwärmen kann man sich dann in der Disco, es ist nämlich auch ein kleiner Touristen-Party-Ort. :-)



Am Ende waren wir elf Tage hier. Fragt uns bitte nicht, was wir eigentlich gemacht haben. Außer Lesen, Essen gehen, Spazierengehen und tagsüber Flipflop-Wetter genießen ist nicht viel passiert. Ok, eine kleine Sache vielleicht noch. Wir haben uns eine Strähne ins Haar flechten lassen von einer alternativen Schmuckverkäuferin an der Uferpromenade vom Oasenteich. Das ist wohl Pflicht als Backpacker. :-)

 
 


Irgendwann konnten wir uns von diesem märchenhaften Ort doch losreißen, denn wenn man Heiratsanträge bekommt und die Bedienung im Café weiß, was man am liebsten zum Frühstück isst, ist es Zeit weiterzuziehen ;-)

Arequipa – die weiße Stadt


Mit dem Nachtbus ging’s nach Arequipa. Auf der Panamericana, vom Fuß bis zum Scheitel nacktes Gebirge, nicht der geringste Ansatz irgendwelcher Vegetation. Wüste und Gebirge - so muss es wohl am ersten Tage der Schöpfung ausgesehen haben, als Erde und Wasser sich schieden.

Die Angst fuhr leider etwas mit, man könnte Opfer von einem Überfall werden oder mit dem Bus abstürzen. Denn liest man sich die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes durch, kommen einem andere Gedanken, wie, dieses Land lieber zu meiden. Denn die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch, dass man entweder bei einem Busunfall verletzt wird oder stirbt, dass man im Bus überfallen oder  im Taxi entführt und für Stunden festgehalten wird, in denen die Kreditkarten missbraucht werden. Das kleinste Übel ist wahrscheinlich noch, dass einem im Restaurant die Tasche gestohlen wird. Klar sind die Angaben beim Auswärtigen Amt sehr deutlich und vielleicht etwas übertrieben formuliert, aber ein mulmiges Gefühl beschleicht uns doch immer wieder. Vorallem wenn wir in Mails von Hostels vor korrupten Taxifahrern gewarnt werden oder ein Hostelpapa einem Taxifahrer eindringlich darauf hinweist uns ja sicher zum Busterminal zu bringen. Dazu kommen noch die Geschichten, die andere Reisende erlebten. Aber (jetzt bitte auf Holz klopfen) toi, toi, toi uns ist noch nichts passiert und bisher hatten wir wunderschöne Erlebnisse in einem sehr abwechslungsreichen Land.

Zurück zum Thema. Am nächsten Morgen kamen wir sicher, nur -klar- etwas müde, in der weißen Stadt an. Arequipa macht einen schönen ersten Eindruck  und wirkt sehr gepflegt. Sie liegt 75km vom Pazifik entfernt und ist von drei Vulkanen umgeben. Der helle Vulkanstein Sillar ist im Stadtbild vorherrschend und das Zentrum besticht mit einer Fülle von reich verzierten kolonialen Prachtbauten. Die weiße Stadt auch deshalb, weil früher das Zentrum allein den Spaniern vorbehalten war und es der indigenen Bevölkerung nach der spanischen Eroberung dementsprechend verboten war in der Stadt zu wohnen. 



Das historische Zentrum gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und auch wir sind beeindruckt von den herausgeputzten Häusern und dem Kloster Santa Catalina. Dieses Kloster ist eine kleine Stadt für sich und wir wandelten über zwei Stunden durch die schmalen Gassen, bewunderten die Stuben der Nonnen und wie sie hier über drei Jahrhunderte hinweg, abgeschottet von der Außenwelt, gelebt haben. Eine Zeitreise in eine andere Welt. Danach gab es Stärkung in einer der Chifas, den peruanisch-chinesischen Restaurants. Fühlt sich doch fast an wie in Süd-Ost-Asien :-)



Auf dem Programm stand auch der Hauptmarkt. An den zahllosen farbenfrohen Ständen geht es lebhaft zu, frischer Fisch wird ausgenommen und das Fleisch bzw. die Innereien liegen offen auf der Theke. Sogar die Köpfe der Kühe sahen noch irgendwie lebendig aus. Igitt…  Schnell weg zur Saftbar!



Hier in Arequipa sind wir mittlerweile 6 Monate on the road und wir haben immer noch Spaß am Reisen und am Fremde-Länder-Entdecken. Zugegeben, ab und zu eine heißere Dusche oder eine Heizung im Zimmer, wäre schön. Aber dies nehmen wir gerne in Kauf um unseren Reisedrang zu besänftigen. Das Ende unserer Weltreise ist langsam im Blick und wir haben uns dabei ertappt, dass wir im Gespräch mit anderen Reisenden sagten: „Wir haben -nur- noch drei Monate“. Wir genießen jeden Tag und vielleicht schmieden wir bereits Pläne für danach (?), denn wir sind reisesüchtig geworden… :-)

Der Titicacasee – und seine Sagen  (…Google ist dein Freund)


Im Süden Perus liegt an der Grenze zu Bolivien der große Titicacasee. Das „Andenmeer“ ist ein mythischer Ort. Der Legende nach wurde der erste Inka auf der Sonneninsel geboren. Hier oben auf dem rauen Altiplano ist es das ganze Jahr über sehr kalt und windig… brrr…



Nachdem wir in Arequipa bereits auf 2.300 m Höhe waren, führte uns die nächste Tour noch höher, auf 3.800 m. Damit zählt der Titicacasee als höchster schiffbarer See der Welt. Er gehört zu zwei Dritteln Peru und zu einem Drittel Bolivien und ist mit 8.562km2 fast 13 Mal größer als der Bodensee. 

Halt machten wir in Puno, diese kleine Stadt ist Ausgangspunkt für Erkundungen auf und rund um den Titicacasee. Aber slowly slowly wir mussten uns erstmal an die Höhe gewöhnen. Nach ein paar Spaziergängen und reichlich Coca-Tee hatten wir uns akklimatisiert. 



Die indigene Bevölkerung ist hier in den Anden stärker vertreten. Man sieht die Frauen in ihrer traditionellen Kleidung: zwei geflochtene Zöpfchen, Hütchen und Röckchen. Nicht zu vergessen ihre bunten Tücher, mit denen sie ihre Babys oder andere Sachen auf dem Rücken transportieren.
 
Zwei Tage später ging es mit dem Bus auf die bolivianische Seite des Sees nach Copacabana (das Land wechseln war kein Problem, einfach zu Fuß rüber und auf beiden Seiten Stempel holen). 



Hier stand nicht nur der bolivianische Nationalfeiertag an, sondern auch der Feiertag der Jungfrau von Copacabana. Der Ort ist eine der wichtigsten Wallfahrtsorte der Anden. Die Jungfrau von Copacabana in der Basilika ist nicht nur Schutzheilige des Sees sondern auch Boliviens Nationalheilige. Die Feiertage bedeuteten eine Unmenge von Menschen, Autos, Dreck, Lärm. Doch wir waren fasziniert von dem Schauspiel, denn der gesamte Ort war ein einziger Markt, in sämtlichen Straßen tummelten sich die Straßenverkäufer, am Ufer standen Unmengen von Autos, die mit reichlich Bier, Silvesterknallern und Live-Musik gesegnet wurden und zahlreiche Pilger erklommen den Berg Calvario um Buße zu tun. 



Doch nochmal langsam. Auto? Bier? Musik? Was sich normalerweise vor der Basilika abspielt, sah man die Tage an der Uferpromenade: Autosegnungen. Hunderte blankgeputzte und mit Blumen geschmückte Autos warten darauf mit Weihwasser und Weihrauch getauft zu werden. Das wird natürlich gefeiert mit reichlich Bier, Tanz, Konfetti und Knallern.



Um die Plaza de Armas vor der Basilika gab es eine Prozession mit Musik und traditionellen Tänzen – anzusehen in schrill bunten Kostümen. 



Wir genossen den Trubel und haben uns als wahrscheinlich einzige Touris unter die Pilger gemischt und den Cerro Calvario (Hausberg) mit seinem steilen Kreuzweg bestiegen. Oben haben wir nicht nur die Aussicht über die Bucht bestaunt, sondern auch die Arbeit der Aymara-Priester. Hier vermischen sich überlieferte Rituale und christlicher Glaube. Sie sprechen ein Gebet, läuten kleine Glöckchen und verbrennen Weihrauch in einer Brennschale. Eine Bierflasche wird geschüttelt und Schaum meterweit gespritzt. Ein Trank-Opfer für Erdmutter Pachamama -und Christus am Kreuz schaut zu.



Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren interessanten Brauch. Man kauft sich eine Miniatur von einem Haus, Grundstück oder Geldscheinen und lässt auch dies segnen. Am Ende des Kreuzwegs steht eine Statue der Virgen de Candelaria. Diese wird dann mit dem besagten Miniaturgegenstand berührt. Dafür steht man auch gern den ganzen Tag an. Die diversen Zeremonien sind stets mit Konfetti, Bier und sonstigem verbunden, was dazu beiträgt, dass der ganze Ort leider ziemlich vermüllt ist.



Muss war natürlich ein Strandspaziergang, der alles andere als ruhig war. Tretboote und spielende Kinder im Übermaß. Aber abends wurde es etwas angenehmer und man konnte den Sonnenuntergang genießen. Gleichzeitig kriecht eine unerbittliche Kälte heran.
 
 
 

Waren das ein paar aufregende Tage in Bolivien :-)



Zurück in Puno, auf peruanischer Seite, wollten wir uns natürlich eine Tour auf dem Titicacasee nicht entgehen lassen. Mit dem Boot ging es zunächst zu den schwimmenden Schilfinseln der Uro-Indianer und danach zur Isla Taquile, zu den strickenden Männern. Aber der Reihe nach. Für diese Tour klingelte 5:50 der Wecker!!! (wie sollen wir uns je wieder ans zeitige Aufstehen gewöhnen… ok, wir wiederholen uns). Bei strahlendem Sonnenschein ging es mit einem kleinen Boot hinaus auf den See zu den schwimmenden Inseln. Unser Guide Luis erzählte uns viel darüber, wie diese Inseln aus Schilf gebaut werden und über das Leben der Nachfahren der Uro-Indianer. Früher zogen sie sich bei Auseinandersetzungen auf ihre Schilfinseln zurück und somit konnten sie von den Inkas nie unterworfen werden. 

 
 
Modellbau :-)
 

Es ist schon ein eindrucksvolles Erlebnis, über den weichen, schwankenden Schilfboden zu gehen und eine Ahnung davon zu bekommen, wie das Leben der Uro einmal ausgesehen haben mag. Klar ist für diese Menschen der Tourismus die Haupteinnahmequelle und es ist ein merkwürdiges Gefühl ihre Hütten besuchen zu dürfen, aber ohne den Tourismus würde diese Kultur nicht mehr existieren. 



Nach 2,5 Stunden weiterer Bootsfahrt erreichten wir die Isla Taquile. Sie ist berühmt für ihre strickenden Männer, denen man überall begegnet. Schon im frühen Kindesalter lernen die Inselbewohner das Stricken und - so heißt es - sie hören erst mit ihrem Tod damit auf. Wir bestaunten die Strickwaren in der Gemeindehalle.

copyright by www.n-tv.de / Foto: REUTERS
 
Die Frauen spinnen - also ihr wisst schon...

Diesen wertvollen Stoffen wurde 2006 der Status als UNESCO-Welterbe verliehen, damit soll verhindert werden, dass diese Kunsthandarbeit verloren geht. Traditionell ist auch die Kleidung der Inselbewohner.



Der Aufstieg vom Bootsanleger war in der dünnen Luft auf 4000 m nicht gerade ein Spaziergang. Oben angekommen bot sich jedoch ein grandioser Blick über den tiefblauen See. Übrigens werden auf dieser Insel drei Grundsätze gelehrt: “Nicht stehlen, nicht lügen, nicht faul sein”.



Nach dem Mittagessen, leckere Quinoa-Suppe und Forelle aus dem Titicacasee, ging es wieder zurück. Ein schöner Ausflug ging mit Blick auf das nächtlich beleuchtete Puno zu Ende.

Nationalgetränk von Peru


Am nächsten Tag fuhr bereits unser Bus nach Cusco. Aber dazu dann mehr im nächsten Bericht und vielleicht erfahrt ihr dann mehr zu euren ersten Gedanken: Machu Picchu, Inkas, Meerschweinchen zum Abendessen…



Ihr lest von uns – irgendwann mal wieder :-)